Schul-Bigbands aus Adelsheim, Bretten, Buchen, Neckarbischofsheim und Osterburken musizierten beim 35. GTO Jazz-Symposium ein letztes Mal in der Schulaula aus den 1970er Jahren. Eine Uraufführung des Frankfurter Komponisten Jona Heckmann bildete den finalen Höhepunkt des bis auf den letzten Stuhl gefüllten Abschlusskonzerts. Vielen Dank an Peter Lahr. Er gab uns die Erlaubnis, seinen Text und seine Fotos hier zu veröffentlichen.
Osterburken. Anfang der 1980er Jahre hatten Gernot Ludwig und Bernd Reißfelder die Idee, die Ganztagesschule Osterburken (GTO) zu einem Ort der Begegnung unter dem Vorzeichen des Jazz zu etablieren. Am Samstagabend belegte Nachfolger Patrick Penndorf bei der 35. Auflage des „Leuchtturms“, dass hier die Sache mit dem Jazz bis heute hochlebendig geblieben ist. „Abschied zu nehmen heißt auch, sich auf neue Wege zu begeben.“ Mit diesen Worten würdigte der unermüdliche „Macher“ das Hauptgebäude aus den 70er-Jahren, das zum letzten Mal den Austragungsort des Jazz-Symposiums bildete.
Sieben Ensembles aus fünf baden-württembergischen Schulen trafen sich einen Tag lang zu Proben, Workshops und einem traditionellen Abendkonzert. Dabei erlebte Jona Heckmanns Komposition „Dizzy Doctor Don“ – gespielt von allen Musikern, also weit über 100 Nachwuchs-Jazzern – eine gelungene Welturaufführung. Der „Massengroove“, gespickt mit zahlreichen furiosen Soli, kam bestens an. Standing Ovations und eine Zugabe waren drei Stunden nach Konzertbeginn ein sicheres Zeichen dafür, dass die Verantwortlichen hier absolut alles richtig gemacht haben. Sogar das Rätsel des Titels lüftete der Frankfurter Komponist, Pianist, Posaunist und Bandleader mit einem Verweis auf das Datum.
„Mann, wenn du noch immer fragen musst, was Jazz ist, dann wirst du es nie kapieren.“ GTO-Schulleiterin Regina Krudewig-Bartel hatte sich mit Louis Armstrong kurzgeschlossen und kredenzte dessen Worte zu Beginn des Konzertmarathons in der bis auf den allerletzten Platz gefüllten Aula. Der Dank der Hausherrin ging an die vielen Schüler und Dozenten, an Sponsoren, Förderer und helfende Hände inklusive Organisator Patrick Penndorf, bei dem sämtliche Fäden zusammenliefen.
Mit einem fröhlichen „Pink Panther“ heizte die GTO Kiddies‘ Band schon einmal vor. „Wir sind erst fünf Jahre alt, aber mit Begeisterung dabei“, erläuterte Ines Stein vom Burghardt-Gymnasium Buchen. „Gonna Fly Now“ bot - nicht zuletzt dank des robusten Drum-Pulsschlags – einen druckvollen Sound. Aber auch südamerikanische Rhythmik, wie bei „Oye Como Va“, und flotte Party-Rock-Beats kamen bestens an. Mit der Bigband des Melanchthon-Gymnasiums Bretten verdoppelte sich die Mannschaftsstärke der Musiker auf 30 Köpfe. Entsprechend opulent justierte Dirigent Till Drömann das Volumen. Federleicht wie Zitronensorbet gelang gleichwohl Sammy Nesticos „Hay Burner“. Knackig knatterte der Guns N‘ Roses Hit „Welcome To The Jungle“. Im Unterholz fauchten die Rhythmustiger, in den Wipfeln spielten die Affen verrückt.
Unwiderstehlich: EBG Big Band
„Licht aus, Marimbaphon an“, lautete Gernot Ludwigs Motto für die Ehemaligen-Bigband. Die Reise ging zurück in die Hochzeit der Swing Ära. Aus „Pennsylvania 6-5000“ wurde „Osterburken 6-4080“ und das Telefon läutete schrill. Die „Brass Machine“ bot Blech bis zum Abwinken, gleichwohl eine fein ausbalancierte Klanglandschaft. Theresa Schmitz Gesangworkshop-Teilnehmer leiteten mit dem Traditional „Wade In The Water“ perfekt über zu Norbert Schinachers Bigband vom Adelsheimer Eckenberg-Gymnasium. Denn diese Combo konnte gleich zwei begnadete Sängerinnen als Alleinstellungsmerkmal präsentieren. Duke Ellingtons Glaubensbekenntnis „It Don’t Mean A Thing“, gelang Nelli Koppányi bis zum letzten „Yeah“ so elegant wie unwiderstehlich. Für Carole Kings „You Make Me Feel Like A Natural Woman“ stülpte sich Jamila Laade die Samthandschuhe über. So richtig sambaheiß wurde es mit „Mas Que Nada“, zu Deutsch: Was solls?
Den heißen Faden nahmen Barbara Starck und die Bigband des Neckarbischofsheimer Adolf-Schmitthenner-Gymnasiums auf. Von „Sabor De Cuba“ bis in funkige „Drivin!“-Gefilde ging die Reise. Imposante Soli und eine hochkomplexe Ensembleleistung ließ die Zuhörer auf den Emporen munter moven.
Zurück zu den Wurzeln steuerte Patrick Penndorf seine GTO-Bigband mit dem Klassiker „Birdland“. New Wave-, Funk- und Reggae-Elemente akkumulierten glanzvoll bei Bruno Mars „Locked Out Of Heaven“.
„Drei der größten Jazzmusiker haben heute Geburtstag“, lüftete Jona Heckmann das Geheimnis seines Werktitels. Dizzy Gillespie, Don Elliott und Isahiah „Doctor“ Ross erblickten allesamt an einem 21. Oktober das Licht der Welt. Zum Nachdenken gemahnte ein weiteres Zahlenspiel des Komponisten: „Ich spielte 2016 als Schüler bei meinem letzten Schul-Bigband-Konzert mit. Vielleicht steht ja in sieben Jahren einer von euch hier vorne.“ Trotz der hohen Zahl der Musiker auf der Riesenbühne wurde es bei „Dizzy Doctor Don“ nie laut. Immer hatte die Komposition Pep und Energie. Die miteinander „plaudernden“ Schlagzeuger warfen sich gekonnt die Bälle zu und bildeten doch nur die fantastische Spitze der durch die Reihen tanzenden Soli. Stehende Ovationen und laute Zurufe führten zu einer Zugabe und der Erkenntnis des Komponisten: „Richtig viele Leute und so ein starker Applaus sind ein weiterer Unterschied zwischen Schul-Bigbands und Profi-Jazz.“