Mit der Neuausrichtung des aktuellen Bildungsplans in Baden-Württemberg, der Formulierung konkreter Leitperspektiven für das Lernen und der verändernden Lebenswelt kommt dem Gärtnern mit Kindern und Jugendlichen eine enorme Bedeutung zu.
Auch in anderen Bundesländern hat sich in den letzten Jahren einiges getan, um (Schul-)Gartenunterricht durch Basisarbeit stärker in den Horizont von Lehrerinnen und Lehrern zu Rücken und somit an der Institution Schule dauerhaft zu verankern. Es existieren bereits gut ausgebaute Netzwerke für (Schul-)Gartenarbeit. Dabei leisten vor allem Privatpersonen, Vereine und Verbände eine vorbildliche Arbeit, die Lehrerinnen und Lehrern, aber vor allem Kindern- und Jugendlichen zu Gute kommt. Neben der Unterstützung der klassischen Schulgartenarbeit in den Schulen Vorort, werden Lehrgärten auf dem Vereinsgelände vorgehalten und zahlreiche Aktionstage unterstützt oder sogar selbst durchgeführt. Weiterhin werden zahlreiche Tipps zu gartenfachlichen Themen und Erfahrungswissen bereitgehalten. Ein nicht zu unterschätzender Beitrag, da in der modernen Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern oft derartige Module fehlen. Auch die neue Generation von Eltern weist hier selbst unverschuldet z. T. erhebliche Defizite auf.
Die Ministerien der Länder beteiligen sich sehr unterschiedlich bei der Unterstützung von (Schul-)Gartenarbeit – z. B. durch die Auslobung von Schulgartenwettbewerben oder Schulgarteninitiativen, um das Gärtnern an Schulen zu fördern und Lehrerinnen und Lehrern zu beraten oder konkrete Hilfestellungen zu geben. In Baden-Württemberg wurde der klassische Schulgartenwettbewerb im Schuljahr 2013/ 2014 durch die Schulgarteninitiative abgelöst, um alle interessierten Schulen beim Gärtnern durch eine gartenfachliche Beratung und mit Geld- oder Sachspenden zu unterstützen. Ziel ist auch, die Entwicklung der Schulgartenlandschaft zu evaluieren, zu forcieren und entsprechend zu begleiten. Zudem ist das jährlich stattfindende Schulgartenforum, welches von der Landesarbeitsgemeinschaft Schulgarten geplant und durchgeführt wird, bereits institutionalisiert und Treffpunkt für alle Interessenten rund um die (Schul-)Gartenarbeit. Zudem werden für die Qualifizierung von Lehrkräften jedes Jahr Lehrerfortbildungen angeboten.
Beim Gärtnern mit Kindern und Jugendlichen sind zahlreiche Kompetenzen gefordert und werden zugleich gefördert. Daher sollte Gartenarbeit ein fester Bestandteil aller Bildungspläne sein. In jedem Bildungsplan lassen sich enge Bezüge zu Gartenthemen identifizieren und entsprechend an allen Schulen bereits mit geringen personellen und finanziellen Mitteln umsetzen. Allerdings setzt (Schul-)Gartenarbeit bei den Beteiligten enorme Flexibilität und Können voraus. Das Arbeiten im Garten ist wetterabhängig – bereits hier wird deutlich, dass mit einer entsprechenden Parallelplanung zu arbeiten ist. Im Jahresgang sind ganz unterschiedliche Arbeiten zu verrichten und setzten eine gute Vorausplanung und Organisation voraus. Selbst während der Arbeit im Garten sind erhebliche Störfaktoren nicht auszuschließen. So kann es passieren, dass bei Reinigungsarbeiten im Frühjahr plötzlich Erdkröten oder Molche entdeckt werden, die das Interesse wecken. Jetzt gilt es richtig zu agieren und Erdkröten und Lurche zu thematisieren und die Reinigungsarbeiten entsprechend zu verschieben. Neugier und Interesse sind nicht zu unterschätzende Voraussetzungen für erfolgreiches Lehren und Lernen.
Es ist wichtig Kinder und Jugendliche für die Vielfalt der Natur zu sensibilisieren, denn nur durch unmittelbare Primärerfahrungen, Staunen und Wecken von Interesse gelingt es mittelfristig Naturverbundenheit, komplexes Denken (Ursache-Wirkungs-Beziehungen) und nachhaltiges Handeln auszubilden. Zudem werden zahlreiche soziale und personelle Kompetenzen eingeübt, aber auch alltägliche Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben.
Moderner Schulgartenbegriff
Schulgärten sind mehr oder weniger räumlich abgrenzbare Flächen auf oder nahe dem Schulgelände, die speziell für Lehr-Lern-Prozesse geplant und bewirtschaftet werden. Sie verfügen meist über eine große Vielfalt an Biotopen und Aktionsflächen und fördern, neben einer unmittelbaren Naturbegegnung und der Möglichkeit selbst zu gestalten, Erkenntnisprozesse zum Verständnis grundlegender naturwissenschaftlicher Zusammenhänge. Zudem bieten sie Freiräume für Sport, Spiel und soziales Miteinander und ermöglichen Einblicke in wirtschaftliche Zusammenhänge und Entscheidungsprozesse.
Damit sind Schulgärten ein idealer Lernort für problem- und handlungsorientierten Unterricht und bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Umsetzung der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung.
Aus heutiger Sicht ist es erforderlich, den Schulgartenbegriff zu erweitern. Nicht räumliche Dimensionen kennzeichnen den modernen Schulgarten, sondern das Grundprinzip des Gärtnerns unter Berücksichtigung der Dynamik natürlicher Prozesse. Vor allem im städtischen Bereich entwickeln sich neue Formen von Gärten nach dem Prinzip des urban gardenings. Weiterhin kommt jeder Form des Gärtnerns, auch in Privat- oder Vereinsgärten, ein Lehrauftragzu. Viele Schulen, die selbst nicht über geeignete Flächen verfügen, suchen eine Kooperation mit lokalen Kleingartenvereinen oder nahe gelegenen Lehrgärten.
(Schul-)Gärten – ein notwendiges Paradies für Kinder und Jugendliche
Kinder und Jugendliche zukunftsfähig zu machen, ist eine zunehmend schwierige Herausforderung geworden. Aber genau mit dieser Aufgabe sieht sich unsere Gesellschaft und auch die Institution Schule konfrontiert. Eine veränderte Lebenswirklichkeit und neue Herausforderungen gilt es zu meistern. Genau hier liegt das große Potenzial von (Schul-)Gärten - die praktischen Umsetzung der im Bildungsplan geforderten Leitperspektiven „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ (BNE) und „Verbraucherbildung“ (VB). Zudem leisten Gärten durch die Betätigung im Freien einen enormen Beitrag zur Gesundheitserziehung. Weiterhin fördert gemeinsames Planen und Handeln im besonderen Maße soziales und interkulturelles Lernen.
Etwa 40 % aller Schulen in Baden-Württemberg verfügen über einen Schulgarten im herkömmlichen Sinn oder aber ein naturnahes Schulgelände. In den meisten Fällen kommt jedoch der Kooperation mit Kleingärtnern Vorort eine enorme Bedeutung zu. Sie stellen Flächen und Knowhow für praktischen Schulgartenunterricht zur Verfügung, Unterstützen Schulen bei der Schulgartenarbeit oder organisieren Aktionstage für Kinder, Jugendliche und ihre Familien.
Durch die vielfältigen Strukturen bieten Gärten jedem etwas - egal ob Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Hier findet jeder Raum und Zeit ...
· zum Entspannen und Erholen,
· zum bewussten Wahrnehmen der Umwelt,
· zum Planen und Durchführen gemeinsamer Aktionen,
· zum Kreativsein,
· zum Entdecken und Fragen entwickeln,
· zum Nachdenken,
· zum Überprüfen und Ausprobieren,
· zum Bewegen, Spielen und Spaß haben,
· zum Feiern
· und zum Lernen.
Somit wird deutlich, dass Gärten vielen unseren Bedürfnissen Rechnung tragen und dass Kinder und Jugendliche in ihrem Sozialisationsprozess durchaus ein Anrecht auf (Schul-)Garten-Erfahrungen haben.
Weitere Informationen über die Schulgartenarbeit am EBG erhalten Sie unter www.lszu.de oder www.bag-schulgarten.de (unter der Länderliste).