„Ein Neonazi? Ein radikaler Muslim?! Mein Kind?“ Wer kann als Eltern sicher sein, dass sein Kind nicht eines Tages ein Extremist wird? Der Film „Hassjünger“ zeichnet den Weg zweier Extremisten in ihre Szene nach und erklärt hierdurch, was gegen Extremismus schützen kann. Die Neunt- und Zehntklässler am Eckenberg-Gymnasium haben den Film gemeinsam geschaut.
Die Geschichten der beiden sind schnell erzählt: Sie waren voller Hass! Kränkung, Zorn und Ohnmacht prägten sie. Felix Benneckenstein lebte sich als Teenager nach einem Umzug nicht ein, reagierte auf Mobbing mit Gewalt, genoss das daraus entstehende Machtgefühl, fand Zuspruch und Aufnahme in der bayerischen Neonazi-Szene. Anerkennung erwuchs aus kompromisslosem und gewaltsamem Auftreten, das gefiel ihm. Dominik Schmitz schildert: Die Mutter empfing ihn eines Tages mit gepackten Koffern; Scheidung; Umzug; keine männliche Bezugs- und Führungsfigur; keine Werte; viel Haschisch. Ein Kumpel nahm ihn eines Tages mit in eine Moschee. Die Salafisten (radikale Strömung des Islam, die die Errichtung eines Gottesstaates verfolgt) dort nahmen ihn auf, wurden ihm zur Familie. Hier erfuhr er Anerkennung und schöpfte Sinn. „Vom Versager zum Freiheitskämpfer“, so fasst Dominik Schmitz seinen Weg in den Extremismus zusammen.
Unsere Welt ist komplex, die Gesellschaft wird vielfältiger, schwerer zu überschauen, vielleicht beliebiger. Woran soll man sich also halten? Hier fischen extremistische Gruppierungen nach ihrem Nachwuchs. Extremismus gibt Zweiflern einfache Antworten. Die Aufopferung der eigenen Identität wird belohnt durch Gemeinschaft und Wertschätzung. Zugleich wird der Hass umgelenkt: auf "Ungläubige", Ausländer, Andere.
Allein in der salafistischen (10.000) und der rechtsextremen (23.000) Szene versprechen sich Tausende Menschen die Auflösung der jetzigen Gesellschaft und die Errichtung einer Herrschaft ihrer Ideologie.
Der Film sucht Erklärungen hierfür. Unterm Strich steht:
Zuneigung zu erfahren von Familie und Freunden, schützt am besten vor Radikalisierung.
Die beiden Protagonisten waren klug genug zu bemerken, dass die Spirale der Radikalisierung früher oder später tödliche Gewalt legitimiert. Schleichend, aber eindeutig drang die Realität in ihr geschlossenes und bis dahin unfehlbares Weltbild. Aber Extremisten kennen nur eine Strafe für Verräter: Beide Aussteiger leben unter ständiger Bedrohung und halten ihre Wohnorte geheim.
Leider hatte Felix Benneckenstein seinen Besuch am EBG kurzfristig abgesagt. Zwar beantwortete Regisseurin Julia Knopp gerne Schülerfragen, doch wäre der unmittelbare Kontakt zu einem ehemaligen Extremisten sicher noch einprägsamer gewesen.
Wie in den vergangenen zwei Jahren wurde der Film präsentiert von dem Verein „Herz statt Hetze Neckar-Odenwald-Kreis“, der für eine offene Gesellschaft einsteht. Am 12.März wird der Film nochmals in Neckarelz öffentlich vorgeführt (19.30 Uhr). (jpw)